Veröffentlichung des Entwurfs: Freitag, 14. Juli
50 Parlamentarier aus 13 europäischen Ländern haben heute einen Brief an den Generalsekretär der NATO, Jens Stoltenberg, und den Vorsitzenden der OSZE, Außenminister Sebastian Kurz, gesandt. Darin fordern sie diese beiden für Europa zentralen Sicherheits-Organisationen dazu auf, Dialog, Entspannungspolitik und nukleare Risiko-Reduzierung in Europa zu verfolgen, ebenso wie multilaterale Prozesse der nuklearen Abrüstung im Rahmen des Nichtverbreitungsvertrags und der Vereinten Nationen zu unterstützen.
Der Brief, der von Mitgliedern des Parlamentarischen Netzwerks für nukleare Abrüstung und Nichtverbreitung (PNND) initiiert wurde, folgt auf die jüngst abgeschlossenen Verhandlungen in den Vereinten Nationen, welche am 7. Juli in der Annahme eines Vertrags zum Verbot von Atomwaffen mündeten, ebenso wie auf die Annahme der Minsk Declaration auf der parlamentarischen Vollversammlung der OSZE am 9. Juli. Die Declaration fordert alle Staaten dazu auf, an VN-geführten Verhandlungen über nukleare Abrüstung teilzunehmen und sich für die Umsetzung von Maßnahmen zur nuklearen Risiko-Reduzierung, Transparenz und Abrüstung einzusetzen.
"Wir sind extrem besorgt über die sich stetig verschlechternde Sicherheitslage in Europa, und über die Zunahme von staatlichen Aktionen, die den Gegner daran erinnern sollen, dass man im Ernstfall zum Einsatz von Atomwaffen bereit ist, was auch die Planung und Vorbereitung eines möglichen Erstangriffs mit Atomwaffen mit einschließen", sagt Roderich Kiesewetter, Mitglied des Bundestags und zugleich einer der Initiatoren des gemeinsamen Parlamentarier-Briefs.
"Auch wenn sich die Situation seit den illegalen Handlungen Russlands gegenüber der Ukraine verschlechtert hat und wir die Gesetze respektieren müssen, sollten wir gleichzeitig offen sein für Dialog und Entspannungspolitik, um Bedrohungen zu vermindern und die Tür für Konfliktlösungen zu öffnen", betont Kiesewetter.
"Die Gefahr eines nuklearen Zwischenfalls durch einen Unfall, durch eine Fehleinschätzung oder auch mit Vorsatz ist jetzt wieder so hoch wie im Kalten Krieg", sagt Baroness Sue Miller, Vize-Präsidentin von PNND und Mitglied des britischen House of Lords. "Diese beiden Initiativen sind unbedingt erforderlich, um eine nukleare Katastrophe abzuwenden. Nicht alle europäischen Staaten mögen derzeit in der Lage sein, den nuklearen Verbotsvertrag zu unterstützen, aber alle sollten in der Lage sein, so schnell es geht Maßnahmen zur nuklearen Risiko-Reduzierung, Dialog und Entspannung zu unterstützen".
"Der aktuelle Anstieg der globalen Rüstungsausgaben und die Modernisierung der nuklearen Arsenale aller Atommächte gehen in die falsche Richtung" sagt Ute Finckh-Krämer, Mitglied des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des Deutschen Bundestages. "Viele der Abrüstungs- und Rüstungskontrollverträge die in den letzten 30 Jahren abgeschlossen wurden sind in Gefahr. Wir müssen uns mit aller Kraft dafür einsetzen, sie zu erhalten und fortzuentwickeln."
Der gemeinsame Parlamentarier-Brief beschreibt sieben politisch durchführbare Maßnahmen, die die NATO und OSZE-Mitgliedstaaten unternehmen können,
- indem sie unter anderem die eigene Verpflichtung zur Einhaltung der Rechtstaatlichkeit bekräftigen;
- indem sie ihren Willen zum Nicht-Gebrauch von Massenvernichtungswaffen, welche die Rechte und die Sicherheit der Bürger beeinflussen, erklären;
- indem sie erklären, dass Atomwaffen niemals gegen nicht-atomar bewaffnete Staaten benutzt werden dürfen;
- indem sie verschiedene Kommunikationswege für den Dialog mit Russland offenhalten, inklusive den NATO-Russland-Rat;
- indem sie die historisch begründete Praxis des Nicht-Einsatzes von Atomwaffen bestärken;
- indem sie Maßnahmen zur nuklearen Risiko-Reduzierung und Abrüstung zwischen Russland und der NATO unterstützen; und
- indem sie multilaterale Prozesse zur nuklearen Abrüstung unterstützen, unter anderem im Rahmen des Nichtverbreitungsvertrags und der UN High Level Conference zu nuklearer Abrüstung in 2018.
"Die OSZE ist ein Beispiel dafür, dass es möglich ist, den Dialog aufrechtzuerhalten, sich an das Recht zu halten, die Menschenrechte und Sicherheit zu schützen und Vereinbarungen zwischen Russland und dem Westen zu erreichen", sagz Ignacio Sanchez Amor, Mitglied des spanischen Parlaments und Vorsitzender des OSZE-Ausschusses für Demokratie, Menschenrechte und humanitäre Fragen. "In schwierigen Zeiten wie diesen ist es umso wichtiger für unserer Parlamentarier und Regierungen, dass wir diese Ansätze nutzen, insbesondere um ein nukleares Desaster zu verhindern".
"Die Annahme des nuklearen Verbotsvertrags in den Vereinten Nationen am 7. Juli war ein positiver Schritt, um eine Norm gegen den Besitz und den Einsatz von Atomwaffen zu stärken", sagt Alyn Ware, leitender Koordinator von PNND. "Dennoch unterstützen derzeit nur nicht-nuklear bewaffnete Staaten diesen Vertrag. Maßnahmen zur nuklearen Risiko-Reduzierung und zur Abrüstung müssen von den Nuklearwaffenstaaten und ihren Verbündeten bilateral und im Rahmen der OSZE, der NATO und des Nichtverbreitungsvertrags stattfinden".
"Der gemeinsame Brief betont auch die bevorstehende UN High Level Conference zu nuklearer Abrüstung in 2018, die von der parlamentarischen Versammlung der OSZE unterstützt wird", sagt Ware. "UN High Level Conferences, die kürzlich stattgefunden haben, waren sehr erfolgreich, indem sie beispielsweise die Nachhaltigkeitsziele etablierten oder in der Annahme des Pariser Abkommens zum Klimawandel und des 14-Punkte-Aktionsplans zum Schutz der Meere resultierten. Die High Level Conference zu nuklearer Abrüstung könnte ein Schlüsselereignis werden, um zentrale Maßnahmen zur nuklearen Risiko-Verminderung und Abrüstung zu bekräftigen oder neu zu etablieren".